Eine Reise nach New York gefällig? Kostenlos?
Das lässt sich Liv nicht zweimal sagen und meldet sich auf die Anzeige von Anton, der für seinen New York-Trip eine neue Reisebegleitung sucht. Als Liv und Anton miteinander zu schreiben beginnen, entwickelt sich ein urkomischer Schlagabtausch zwischen zwei Menschen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. New York zu verschenken ist als drittes Buch des Autorinnen-Duos Anna Pfeffer ein humorvoller, schlagfertiger und überraschender Chat-Roman über die Liebe.
Inhalt
Anton wurde von seiner Ex Olivia verlassen. Und das, obwohl er ihr gerade erste einen Trip nach New York geschenkt hatte. Die Reise verfallen lassen? Das kommt für Anton nicht in Frage, deswegen startet er via Instagram einen Aufruf an alle Olivia Lindmanns, sich bei ihm für das bereits bezahlte New York-Ticket zu bewerben. Viel Auswahl hat er nicht, denn neben der vierzigjährigen Schlaflos in Seattle-Liebhaberin, meldet sich nur noch eine weitere Kandidatin. Liv, 16 Jahre, Buchliebhaberin und in Antons Augen eine ziemliche Langweilerin. Doch je länger Anton und Liv miteinander schreiben, desto mehr hat Anton das Gefühl eine Seelenverwandte getroffen zu haben…
Meine Meinung
Nachdem ich schon von dem Buch Für dich soll’s tausend Tode regnen von Anna Pfeffer ziemlich begeistert war (wer möchte, kann sich hier die Rezension ansehen), stand für mich fest, dass ich auch New York zu verschenken unbedingt lesen möchte. Aufgefallen ist mir besonders das knallige Cover, das sich schon optisch stark vom ersten Jugendbuch des Autorinnen-Duos unterscheidet. Diese Tatsache hat mich ziemlich neugierig gemacht und ich habe mir die Frage gestellt, ob und inwiefern die Geschichte wohl anderes sein würde. Und ja, sie ist in einer Hinsicht ganz anders, denn es handelt sich um einen Chat-Roman! Da ich ein sehr großer Liebhaber von Gut gegen Nordwind von Daniel Glattauer bin, war ich sehr gespannt auf die Umsetzung einer ähnlichen Liebesgeschichte im Jugendbuch. Ich muss an dieser Stelle auch vor Spoilern warnen, denn es ist mir aufgrund meiner Begeisterung nicht gelungen, ein paar wenige Details der Handlung vorwegzunehmen.
Da in einem Chat- oder Briefroman das Setting nur schwer zu bewerten ist, stehen für mich in dieser Rezension der Plot und die Figuren im Mittelpunkt. Anton, der mit seinem Aufruf, eine Reise verschenken zu wollen, die ganze Geschichte erst ins Rollen bringt, ist mein persönlicher Held der Geschichte. Seine Figur hat mir am meisten gefallen, denn obwohl er zuerst als oberflächlicher Spaßvogel eingeführt wird, ist an ihm am deutlichsten eine Figurenentwicklung zu erkennen. Anton liebt sein Leben, denn er hat alles, was man sich wünschen kann: reiche Eltern, viele Freunde, jede Menge Partys – und vor allem – Spaß am Leben. Für ihn zählt der Spasso, koste es was es wolle.
Anton: Jeder will doch ein perfektes Leben ohne Schmerz, mit viel Kohle und jeder Menge Spaß. Einfach eine geile Zeit erleben. Mach dir nichts vor, Liv, du willst das auch! (S. 24)
Mit dieser Lebenseinstellung könnte Anton nicht weniger mit Liv gemein haben, denn Liv passt häufig für ihre Mutter auf die kleine Schwester auf, bleibt dadurch viel zu Hause und vertieft sich generell an den Wochenenden lieber in ihre Bücher als auf Partys zu gehen. Als Leser kann man sich gut vorstellen, wie viel Zündstoff die Geschichte bieten wird, wenn zwei so unterschiedliche Charaktere aufeinandertreffen. Dementsprechend heiß geht es auch her, als Anton und Liv miteinander schreiben und ihre jeweiligen Lebensphilosophien vehement vertreten. Besonders witzig ist der Schlagabtausch, den sich beide liefern und bei dem sie einander mehr und mehr kennenlernen.
Anton: Hey, jetzt ist gleich wieder der dicke Dr. Einstein da und sieht sich meinen Fuß an. […] Liv: Ich glaube, Dr. Einstein wird dir gleich offenbaren, dass dein Fuß amputiert werden muss. Tschüss, Perfektion! (S.82)
An Antons Figur kann man sehr schön sehen, wie ihm langsam die teils witzigen, teils ernsten Gespräche mit Liv zu gefallen scheinen, denn obwohl ihm die Mädchenherzen reihenweise zufliegen (laut eigener Aussage), konnte er noch mit niemandem so intensive Gespräche führen wie mit Liv. Sie wird ihr Tagebuch, was für Anton eine ganz neue Erfahrung ist. Auch wenn sie nur chatten, merkt man als Leser, wie Antons Macho-Fassade mehr und mehr bröckelt und ein ganz anderer Mensch zum Vorschein kommt. Immer wieder kommen in den Chats die Themen durch, die Anton wirklich bewegen, und über die er normalerweise nicht spricht. Die Anziehungskraft, die beide anscheinend nur über das Schreiben aufeinander auszuüben beginnen, wird in zarten Andeutungen angelegt, die ich romantisch und amüsant fand.
Anton: Vielleicht bist du auch gerade beschäftigt und schreibst bereits an deiner Biografie, von den Höhen und Tiefen deines langen Lebens – dann widmest du mir sicher ein paar Seiten. Oder ein ganzes Kapitel? Hier ein paar Vorschläge für die Kapitelüberschriften: „Der endgeile Typ, mit dem ich New York nie sah“ oder „Anton oder die verpasste Gelegenheit“ […] (S. 59)
Sehr gefallen hat mir, dass der Chat auch mal einseitig ist, wenn entweder Liv oder Anton nicht unmittelbar auf eine Nachricht antworten. Die Spannung der Liebesgeschichte entsteht genau in diesen Momenten (was einen Chat- oder Briefroman ja auch ausmacht), weil man natürlich wissen will, warum sich Liv tagelang nicht meldet, Anton sich aber die Finger wund zu schreiben scheint. So liest man Nachricht um Nachricht, erst witzige, dann immer verzweifeltere und fühlt sich mit den Figuren verbunden. Meiner Meinung nach lebt der Plot der Geschichte von einer Menge urkomischer und ernster Missverständnisse zwischen den beiden Protagonisten, von unausgesprochenen Dingen, von Geheimnissen, von aufkeimenden Gefühlen – und einer Sehnsucht nach einem wirklichen Partner, die jeden umtreibt.
Sprachlich haben die beiden Autorinnen ganze Arbeit geleistet. Sie werden nicht nur der umgangssprachlichen Jugend-, sondern auch der Chatsprache mit all ihren Abkürzungen und Smileys gerecht (einige Abkürzungen sind anscheinend so aktuell, die musste ich sogar googeln). Ihr Schreibstil lässt beide Figuren sehr authentisch wirken und hat es für mich noch leichter gemacht, mich mit ihnen zu identifizieren.
Fazit & Bewertung
New York zu verschenken ist ein humorvolles Jugendbuch in Form eines Chat-Romans, das mir sehr gut gefallen hat. Das Autorinnen-Duo Anna Pfeffer versteht sich ungemein darauf, witzige Charaktere mit Tiefe zu erschaffen, die genügend Konfliktpotenzial mitbringen, um die Spannung innerhalb der Handlung, selbst bei längeren Chat-Passagen, nicht abreißen zu lassen. New York zu verschenken hat mich zum schmunzeln gebracht und mein Herz an genau den richtigen Stellen höher schlagen lassen!
Eure
Bibliographie
Anna Pfeffer: New York zu verschenken*
Altersempfehlung: Ab 12 Jahren
Verlag: cbj
Erscheinungsdatum: 28.08.2017
ISBN: 978-3570173978
Seiten: 336
Preis: 14,99 €
Habt ihr schon ein Buch von Anna Pfeffer gelesen? Wie hat es euch gefallen?
Ist ja lustig, wie ich Chatroman gelesen habe, musste ich auch sofort an „Gut gegen Nordwind“ denken, das ich gerade beendet habe und von dem och stark begeistert bin. Ich kenne die Autoren noch nicht, aber muss mir mal Bücher von dem Duo ansehen.
LG Monique
Liebe Monique,
ich auch, und der war so schön!Hast du auch die Fortsetzung gelesen? Wenn du Jugendbücher mit Humor magst, dann sind die Bücher genau das Richtige!
Liebe Grüße
Svenja
Hi Svenja,
nein, noch habe ich die Fortsetzung nicht gelesen, aber ich möchte sie mir unbedingt noch kaufen. Für mich ist diese Geschichte noch nicht zu Ende, möchte wissen, wie es weitergeht;)
LG
Liebe Monique,
das macht so einen Brief- oder Chat-Roman ja aus, dass man mit dem Ende einiges offen lassen kann und damit potenziell Platz für Fortsetzungen lässt. Ich würde mich auch über eine Fortsetzung freuen, aber vielleicht ist die Geschichte auch für den Autor zu Ende erzählt. Wer weiß das schon…
Viele Grüße und schönen Sonntagabend noch!
Svenja
Hallo Svenja,
eine schöne Rezi hast du da geschrieben – dir scheint das Buch wirklich sehr gefallen zu haben. Was hat dir jedoch nicht gefallen? Denn das Buch hat, trotz allem, nur 3 Sterne bekommen … ?
Liebste Grüße,
Wiebi
Hey Wiebi :)
Tatsächlich versuche ich meine 5-Sterne Bewertung ein bisschen zu überarbeiten. Ich war auf der Frankfurter Buchmesse bei einer Diskussionsrunde (u.a. mit Anabelle von Stehlblühten), bei der auch Thema war, wie Bücher bewertet werden, und ob die Sterne-Kategorie nicht vielleicht viel zu kurz greift und fünf Sterne doch eigentlich viel seltener vergeben werden sollten (weil dsa Buch einen nur selten RICHTIG vom Hocker reißt). Ich habe mir daraufhin überlegt, dass ich fünf Sterne nur noch vergebe, wenn mich das Buch verzaubern konnte uns so absolut begeistern konnte, dass ich aus dem Schwärmen nicht mehr herauskomme. Das sind die Perlen unter den Büchern. Drei Sterne bedeutet für mich deswegen trotzdem noch, dass es ein gutes Buch ist (es mich aber nicht so verzaubern konnte, wie ein Harry Potter zum Beispiel). Das kann ich nicht unbedingt an negativen Dingen im Text festmachen, sondern das ist oft auch einfach nur ein Empfinden, das was die Geschichte mit mir macht. So jetzt, war ich sehr ausführlich ;D Und ich habe mir gerade überlegt, ob ich meine Sterne-Kategorisierung nicht auf einer eigenen Seite auf meinem Blog erkläre :D
Liebe Grüße
Svenja
Hi!
Danke für die ausführliche Erklärung! Ich denke, das ist eine gute Idee, dass du separat aufführst, wie du bewertest. Dann kann man das sehr gut nachvollziehen ☺️ Stella von stellettereads.com, Nicci von trallafittibooks.com oder Saskia von whoiskafka.de haben dazu tolle Artikel geschrieben. Ich selbst habe mir vor ein paar Monaten auch ein neues System angeeignet, da die Sterne so „nichtssagend“ waren.
Liebe Grüße,
Wiebi